Wenn einer von dem ich seit der ersten Minute den größten Respekt empfand auf unserem Blog schreibt: „Ihr seid eine Crew vor der wir mit grossem Abstand den größten Respekt haben. Genau so ist segeln, reales Abenteuer, gemeistert mit eurem Spirit und Willen es zu tun.“, dann verstehe ich die Welt etwas weniger. Er, einer der wirklich die Ozeane rettet, und schon über 50 mal den Atlantik überquert hat, denkt so über uns?

Ist es eine so unrealistische Option, dass wir einfach das machen sollten, wonach es in unserer Seele aus vollem Halse schreit? Auch wenn wir überhaupt kein Segelverein-Background haben, mit all ihren Traditionen und Clubregeln, macht man sich schon den ein oder anderen Gedanken, bevor man mit einem Segelboot den Atlantik überquert. Das Beste ist aber, dass es anders kommt als gedacht. Woher will ich mir denn ausmalen wie es sich anfühlt, wenn nach 12 Tagen auf See die Hälfte erreicht ist von:

  • Ereignisslosem Leben im unendlich erscheinenden, Existenz feindlichen Umfeld
  • Bei Halbzeit ist seit 6 Tagen ein absolut zweifelsfrei essenzielles Element des Lebensraums defekt (Wanten). Ohne Mast, wird der Atlantik geschätzt 4-5 mal größer
  • Ständig arbeiten, Essen, Schlafen & Leben in einem räumlichen Punkt zu dritt

Auf die Frage, was das schlimmste war, würde man in den verschiedenen Situationen unterschiedliche Antworten geben. Sobald man Festland erreicht hat, war alles dann doch gar nicht sooo schlimm.
Aber man kann sich leicht denken, dass es Unstimmigkeiten gibt in solch ausgesetzter, teilweise bedrohlich angespannter, Situation. Irgendwann mit unserem ersten Wantenbruch haben wir unsere Wasservorräte überprüft und waren locker mit 3 Liter/Person und Tag bis zum 8 Januar auf der entspannten Seite.
Trotzdem findet man noch Motivation sich über Destillationsapparate Gedanken zu machen. Mit einer Klarsichtfolie auf einem Topf kriegt man ein halbes Schnappsglas Süßwasser in wenigen Stunden Mitagshitze. Nur bisschen optimieren … Faktor 10 wäre schon genug … und fertig 🙂

Ein halbes Lied ist auch entstanden auf dem Atlantik. Aber da es eher nachdenklich ist und nicht in Fußballstadien gegrölt werden kann erhoffe ich mir keinen Ruhm.

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Gedanken, niedergeschrieben in realistischer Reihenfolge und Geschwindigkeit:

Man sitzt und glotzt.
Irgendwas ächtzt und krächtzt immer.
Ab und zu klappert Geschirr und die Wellenausreißer klatschen gegen das Boot.
Weil alles immer wackelt, sitzt man immer ein wenig verkeilt in den Ecken.
Es ist kurz vor sieben UTC und die größte Mittagshitze ist vorbei. Ein leichter Windhauch geht durchs Boot.
Da die Uhr noch auf Afrikazeit steht geht die Sonne halb 9 unter.
Und auch im Schlaf muss man sich verkeilen, um sicheren Halt zu haben.

So geht es Tag für Tag

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Weitere Gedankenfetzen:

Das ist schon krass, wie viele Leben hat man denn eigentlich. Wenn man sich bis zu einer balancierten Mitte über die Gefahren & Risiken informiert, komm ich auf so 4-5.
Eine Insel mit Menschlichem Leben treibt durch menschenfeindliches Gebiet, unter vollkommener Abhängigkeit der äußeren Gegebenheiten.

Ein Vogel findet uns mitten auf dem Atlantik. Tausende Kilometer entfernt vom Land. Er bleibt einige Minuten.

Ein Vogel findet uns mitten auf dem Atlantik. Tausende Kilometer entfernt vom Land. Er bleibt einige Minuten.



Kommentare

  1. ravon

    Danke für den erlichen Nachtrag. Wünschen weiterhin viel Glück.